Die wichtigsten Kompetenzbereiche in der Pflegeausbildung

ÜBERBLICK

Der Kompetenzbegriff in der generalistischen Pflegeausbildung

Kompetenzbereiche in der Pflegeausbildung sind oft schwer zu verstehen, besonders wenn die eigene Weiterbildung zur Praxisanleitung schon länger zurückliegt und neue Begriffe ungewohnt erscheinen.

Im Rahmen deiner Tätigkeit als Praxisanleitung wirst du mit verschiedenen Kompetenzbegriffen konfrontiert, wie z.B. Kompetenzdimensionen, Kompetenzbereiche, Kompetenzschwerpunkte und einzelnen Kompetenzen.

Daher ist es wichtig, diese Begriffe zu kennen
, da deine Anleitungen darauf abzielen sollten, die jeweiligen Kompetenzen in den entsprechenden Kompetenzbereichen zu fördern. Dieser Artikel soll dir Klarheit verschaffen, damit du in Zukunft deine Anleitung gezielt den entsprechenden Kompetenzbereichen zuordnen kannst.

Die Kompetenzbegrifflichkeiten im Überblick

Mit der Einführung des Pflegeberufegesetzes (PflBG) und der Pflegeberufe-Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (PflAPrV) liegt der Schwerpunkt der generalistischen Pflegeausbildung auf dem umfassenden Erwerb von Kompetenzen (PflBG, 2017, §5 Abs. 1).

Während im Altenpflegegesetz (AltPflG, 2003, §3 Abs. 1) noch hauptsächlich die Vermittlung bestimmter fachlicher Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten im Vordergrund stand, rückt nun die Förderung der beruflichen Handlungskompetenzen in den Fokus. Im Vergleich zum Krankenpflegegesetz (KrPflG, 2003, §3 Abs. 1) wurden die Kompetenzdimensionen erweitert (PflBG, 2017, §5 Abs. 1).

Die nachfolgende Abbildung (Abb. 1) bietet einen kleinen Überblick über die Kompetenzbegrifflichkeiten, die im Pflegeberufegesetz (PflBG) und in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (PflAPrV) verwendet werden.

Kompetenzen Pflegeausbildung
Abb. 1 Kompetenzbegrifflichkeiten generalistische Pflegeausbildung

Kompetenzdimensionen

Im Pflegeberufegesetz (PflBG) wird von übergreifenden Kompetenzdimensionen gesprochen:

„Die Ausbildung zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann vermittelt die erforderlichen fachlichen und personalen Kompetenzen, einschließlich der zugrunde liegenden methodischen, sozialen, interkulturellen und kommunikativen Kompetenzen und der zugrunde liegenden Lernkompetenzen sowie die Fähigkeit zum Wissenstransfer und zur Selbstreflexion, die für die selbständige, umfassende und prozessorientierte Pflege von Menschen aller Altersstufen in akut und dauerhaft stationären sowie ambulanten Pflegesituationen erforderlich sind“ (PflBG, 2017, §5 Abs. 1).

Diese übergreifenden Kompetenzdimensionen werden in der Pflegeberufe-Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (PflAPrV) weiter konkretisiert.

Kompetenzdimensionen generalistische Pflegeausbildung
Abb. 2 Kompetenzdimensionen generalistische Pflegeausbildung

Kompetenzbereiche

Die Konkretisierung der Kompetenzdimensionen findest du in den Anlagen (1-5) der Pflegeberufe-Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (PflAPrV).

Die erste Gliederungsebene bilden hierbei die Kompetenzbereiche (KB) in den Anlagen 1-5 der PflAPrV mit den römischen Ziffern I-V:

  • Kompetenzbereich I: Pflegeprozesse und Pflegediagnostik in akuten und dauerhaften Pflegesituationen verantwortlich planen, organisieren, gestalten, durchführen, steuern und evaluieren
    KURZ: Pflegeprozess
  • Kompetenzbereich II: Kommunikation und Beratung personen- und situationsorientiert gestalten 
    KURZ: Kommunikation
  • Kompetenzbereich III: Intra- und interprofessionelles Handeln in unterschiedlichen systematischen Kontexten verantwortlich gestalten und mitgestalten
    KURZ: Zusammenarbeit
  • Kompetenzbereich IV: Das eigene Handeln auf der Grundlage von Gesetzen, Verordnungen, und ethischen Leitlinien reflektieren und begründen
    KURZ: Recht & Qualität
  • Kompetenzbereich V: Das eigene Handeln auf der Grundlage von wissenschaftlichen Erkenntnissen und berufsethischen Werthaltungen und Einstellungen reflektieren 
    KURZ: Wissenschaft & Berufsethos

Diese Eselsbrücke hilft, sich die fünf Kompetenzbereiche leicht zu merken. Jeder Anfangsbuchstabe steht für einen Kompetenzbereich:

Praxisanleiter – Können – Ziemlich – Rot – Werden.

I. Pflegeprozess – II. Kommunikation – III. Zusammenarbeit – IV. Recht &
Qualität – V. Wissenschaft & Berufsethos

Kompetenzschwerpunkte

Die zweite Ebene bilden die 16 Kompetenzschwerpunkte (KS),
bezeichnet mit den arabischen Ziffern 1-6:

Kompetenzbereiche und Kompetenzschwerpunkte
Abb.3 Kompetenzbereiche und Kompetenzschwerpunkte

In der Abbildung kannst du erkennen, dass jedem Kompetenzbereich verschiedene Kompetenzschwerpunkte unterliegen. Diese Kompetenzschwerpunkte konkretisieren den übergreifenden Kompetenzbereich.

Bsp. Dem Kompetenzbereich III “ Intra- und interprofessionelles Handeln in unterschiedlichen systematischen Kontexten verantwortlich gestalten und mitgestalten (Zusammenarbeit)“ sind 3 Kompetenzschwerpunkte zugeordnet:

III.1 Verantwortung in der Organisation des qualifikationsheterogenen Pflegeteams übernehmen

III.2
Ärztliche Anordnungen im Pflegekontext eigenständig durchführen

III.3.
In interdisziplinären Teams an der Versorgung und Behandlung von Menschen aller Altersstufen mitwirken und Kontinuität an Schnittstellen sichern

Kompetenzen

Aber es geht noch weiter…. Jeder einzelne Kompetenzschwerpunkt unterteilt sich nochmal in bis zu acht Kompetenzen, bezeichnet mit den Buchstaben a) bis h).

Bleiben wir bei dem gleichen Beispiel wie oben:
Bsp. Dem Kompetenzbereich III “ Intra- und interprofessionelles Handeln in unterschiedlichen systematischen Kontexten verantwortlich gestalten und mitgestalten (Zusammenarbeit)“

III.2 Ärztliche Anordnungen im Pflegekontext eigenständig durchführen (Kompetenzen aus der Anlage 2 der PflAPrV 9:

a.) beachten umfassend die Anforderungen der Hygiene und wirken verantwortlich an der Infektionsprävention in den unterschiedlichen pflegerischen Versorgungsbereichen mit,

b.) führen entsprechend den rechtlichen Bestimmungen eigenständig ärztlich veranlasste Maßnahmen der medizinischen Diagnostik und Therapie bei Menschen aller Altersstufen durch,

c.) beobachten und interpretieren die mit einem medizinischen Eingriff bei Menschen aller Altersstufen verbundenen Pflegephänomene und Komplikationen auch in instabilen oder krisenhaften gesundheitlichen Situationen unter Berücksichtigung auch von gendermedizinischen Erkenntnissen,

d.) unterstützen und begleiten zu pflegende Menschen aller Altersstufen umfassend auch bei invasiven Maßnahmen der Diagnostik und Therapie,

e.) schätzen chronische Wunden bei Menschen aller Altersstufen prozessbegleitend ein, versorgen sie verordnungsgerecht und stimmen die weitere Behandlung mit der Ärztin oder dem Arzt ab,

f.) vertreten die im Rahmen des Pflegeprozesses gewonnenen Einschätzungen zu Pflegediagnosen und erforderlichen Behandlungskonsequenzen bei Menschen aller Altersstufen in der interprofessionellen Zusammenarbeit.

Kompetenzbereiche, Kompetenzschwerpunkte und Kompetenzen
Abb. 4 Kompetenzbereiche, Kompetenzschwerpunkte und Kompetenzen

Der Gesetzgeber hat zwei Zeitpunkte für den Nachweis der Kompetenzen festgelegt:

  • Zwischenprüfung (Anlage 1)
  • Abschlussprüfung (Anlagen 2-4)

Im Einzelnen heißt das:

  • Anlage 2: für den Abschluss zur Pflegefachfrau bzw. zum Pflegefachmann
  • Anlage 3: für den Abschluss zum/zur Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/in
  • Anlage 4: für den Abschluss zur/zum Altenpfleger/in

Die Kompetenzen aus der Anlage 1 der PflAprV werden in den Anlagen 2-4 auf unterschiedlichen Niveaus fortgesetzt.

Bsp.: 

In der Anlage 1 der PflAPrV
im Kompetenzbereich III “ Zusammenarbeit” und im Kompetenzschwerpunkt III.2 heißt die Kompetenz e.) in der Anlage 1 wie folgt: “schätzen chronische Wunden prozessbegleitend ein und wenden die Grundprinzipien ihrer Versorgung an”

In der Anlage 2 der PflAPrV lautet die Kompetenz wie folgt: “schätzen chronische Wunden bei Menschen aller Altersstufen prozessbegleitend ein, versorgen sie verordnungsgerecht und stimmen die weitere Behandlung mit der Ärztin oder dem Arzt ab!“

Die Änderung in der Formulierung von Anlage 1 zu Anlage 2 der PflAPrV zeigt eine deutliche Erweiterung und Vertiefung der geforderten Kompetenzen im Umgang mit chronischen Wunden. 

Während in Anlage 1 der Fokus auf das prozessbegleitende Einschätzen und die Anwendung der Grundprinzipien der Wundversorgung lag, geht Anlage 2 deutlich weiter. Hier wird nicht nur das prozessbegleitende Einschätzen chronischer Wunden bei Menschen aller Altersstufen betont, sondern auch die verordnungsgerechte Versorgung sowie die koordinierte Zusammenarbeit mit Ärztinnen und Ärzten.

Berücksichtigung in der Anleitung: In der Anleitung muss diese Kompetenzsteigerung berücksichtigt werden. Es sollte mehr Wert auf interdisziplinäre Zusammenarbeit gelegt werden, insbesondere auf die Kommunikation und Abstimmung mit ärztlichem Personal. Zudem sollte die Anleitung die Auszubildenden darauf vorbereiten, die Versorgung chronischer Wunden bei Menschen aller Altersstufen kompetent durchzuführen und die Behandlungsprozesse eigenverantwortlich zu steuern.

Um die Systematik wirklich zu verstehen, schau dir dazu auf jeden Fall die Anlagen in der Pflegeberufe-Ausbildungs- und Prüfungsverordnung an. Hier der Link:
https://www.gesetze-im-internet.de/pflaprv/BJNR157200018.html

Kompetenzbereiche in der Pflegeausbildung verstehen

Vielen Praxisanleitern fällt es schwer, Anleitungssituationen oder Arbeits- und Lernaufgaben den richtigen Kompetenzbereichen zuzuordnen. Daher möchte ich dir neben einer kleinen Beschreibung der Kompetenzbereiche einige Beispielaufgaben aus den Kompetenzbereichen benennen und im Anschluss noch eine Übersicht der Kompetenzbereiche als PDF Datei zur Verfügung stellen.

Kompetenzbereich I: Pflegeprozess 
Tätigkeiten, die eine Pflegefachkraft eigenverantwortlich im Rahmen des Pflegeprozesses ausführt, ohne dass eine ärztliche Anordnung notwendig ist. Beispiele:

  • Pflegebedarf erheben (Erstgespräche, Risikoeinschätzungen)
  • Pflegepläne erstellen
  • Prophylaxen durchführen (z.B. Dekubitusprophylaxe, Sturzprophylaxe)
  • Pflegehandlungen durchführen (Körperpflege, Mobilisation)
  • Pflege dokumentieren und bewerten

Kompetenzbereich II: Kommunikation 
Aufgaben, die eine Pflegefachkraft im Rahmen der Interaktion mit Patienten und Angehörigen ausführt. Beispiele:

  • Patientenbeobachtung (verbale und nonverbale Signale wahrnehmen)
  • Anleitung von zu pflegenden Menschen
  • Beratungsgespräche durchführen (mit Patienten und/oder Angehörigen)

Kompetenzbereich III: Zusammenarbeit 
Aufgaben im Rahmen der Zusammenarbeit mit anderen an der Versorgung beteiligten Akteuren sowie Aufgaben, die von Ärzten an Pflegefachkräfte delegiert werden. Beispiele:

  • Übergabe gestalten
  • Medikamente verabreichen
  • Wundversorgung

Kompetenzbereich IV: Recht & Qualität 
Rechtliche Grundlagen und Qualitätsmanagement in der Pflege. Pflegekräfte müssen die Gesetze kennen und sicherstellen, dass die Pflege qualitativ hochwertig ist. Beispiele:

  • Gesetze und Vorschriften einhalten (SGB V, SGB XI)
  • Qualität der Pflege sicherstellen (Orientierung an Hausstandards)

Kompetenzbereich V: Wissenschaft & Ethik 
Pflegekräfte müssen ihr Wissen ständig erweitern und ethische Entscheidungen treffen. Sie nutzen wissenschaftliche Erkenntnisse und reflektieren ihr Handeln. Beispiele:

  • Neue Forschungsergebnisse anwenden
  • Umsetzung von Maßnahmen zur Stressbewältigung

Als Praxisanleiter solltest du vor jeder Anleitung überlegen, welche Kompetenzen aus welchem Bereich du fördern möchtest.

Kompetenzbereiche in der Pflegeausbildung mit Beispielen
Abb.5 Kompetenzbereiche mit Beispielen

Praxisbeispiel und Zuordnung zu den Kompetenzbereichen

Wenn du z.B. eine Anleitung zum Thema „Sturzprophylaxe“ durchführen möchtest, kann deine Anleitung, je nachdem welche Lernziele du mit deiner Anleitung verfolgst ,Kompetenzen aus verschiedenen Kompetenzbereichen fördern.

  • Lernziel für den KB I. Pflegeprozess: Risikoeinschätzung zur Sturzprophylaxe durchführen; Maßnahmen zur Sturzprophylaxe planen
  • Lernziel für den KB II. Kommunikation: Beratung des Patienten und seiner Angehörigen zur Sturzprophylaxe
  • Lernziel für den KB III. Zusammenarbeit: Koordination von Maßnahmen zur Sturzprophylaxe mit der Physiotherapie
  • Lernziel für den KB IV. Recht & Qualität: Einhaltung des hausinternen Qualitätsstandards zur Sturzprophylaxe
  • Lernziel für den KB V. Wissenschaft & Berufsethos: Anwendung aktueller Forschungsergebnisse zur Sturzprophylaxe

Je nachdem, in welchem Ausbildungsjahr sich dein/e Auszubildende/r befindet, wählst du entsprechende Lernziele aus, die die Kompetenzen aus dem jeweiligen Kompetenzbereich fördern.

Fazit

Die generalistische Pflegeausbildung vermittelt umfassende Kompetenzen, die für die professionelle Pflegepraxis unerlässlich sind.

Praxisanleiter spielen eine entscheidende Rolle dabei, Auszubildende zu begleiten und zu fördern. Ein tiefes Verständnis der Kompetenzbereiche und deren Anwendung in der Praxis ist dabei unerlässlich. Ich hoffe, dass dir die vorgestellten Eselsbrücken und Praxisbeispiele helfen, die Zusammenhänge besser zu verstehen und anzuwenden.

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